Mit Bonhoeffer kann es nur heißen: Abschaffung der Kirchensteuer

bonhoeffer tegel

Dietrich Bonhoeffers Worte aus dem Tegeler Gefängnis vor mehr als 70 Jahren haben nichts an ihrer Provokation für die evangelischen Landeskirchen verloren:

„Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist. Um einen Anfang zu machen, muß sie alles Eigentum den Notleidenden schenken. Die Pfarrer müssen ausschließlich von den freiwilligen Gaben der Gemeinden leben, evtl. einen weltlichen Beruf ausüben. Sie muß an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend. Sie muß den Menschen aller Berufe sagen, was ein Leben mit Christus ist, was es heißt, »für andere dazusein«. Speziell wird unsere Kirche den Lastern der Hybris, der Anbetung der Kraft und des Neides und des Illusionismus als den Wurzeln alles Übels entgegentreten müssen. Sie wird von Maß, Echtheit, Vertrauen, Treue, Stetigkeit, Geduld, Zucht, Demut, Genügsamkeit, Bescheidenheit sprechen müssen. Sie wird die Bedeutung des menschlichen »Vorbildes« (das in der Menschheit Jesu seinen Ursprung hat und bei Paulus so wichtig ist!) nicht unterschätzen dürfen, nicht durch Begriffe, sondern durch »Vorbild« bekommt ihr Wort Nachdruck und Kraft.“ (Widerstand und Ergebung, Neuausgabe, München 1970, Seite 415)

Der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm kann sich in seiner Predigt zum 70. Todestag von Dietrich Bonhoeffer dessen Kirchenkritik nicht wirklich stellen und führt dazu aus:

„Es gibt überzeugende Gründe dafür, dass wir als Kirche heute gut organisiert sind: Pfarrerinnen und Pfarrer sind nach in der Synode intensiv diskutierten Stellenplänen übers Land verteilt. Die durch Kirchensteuer eingenommenen Gelder werden nach haushaltsrechtlich verlässlich eingespielten Verfahren und durch Beschluss von Synoden für viele sehr segensreiche Dinge eingesetzt. Eine Pauschalkritik solcher eingespielter Prozesse scheint zwar zunächst den radikalen Geist des Evangeliums zu atmen. Aber wer sich klarmacht, wieviel Segensreiches zerstört würde, wenn man dieser Kritik einfach folgen würde, der wird ihr mit einer gewissen Zurückhaltung begegnen.“

Meine Kritik an der Kirchensteuer versteht sich nicht als „Pauschalkritik“, sondern als Evangeliumskritik, die auf notwendige, längerfristige Kirchenreformen auch im Sinne Dietrich Bonhoeffers dringt (hier zum Nachlesen: Teuffel – Lackmustest evangelischer Freiheit (Zeitzeichen). Bedford-Strohms „öffentliche Theologie“ im Gewand einer geldsegensreichen „Volkskirche“ kann nicht wirklich das Erbe Bonhoeffers beanspruchen. Kritik an der Kirchensteuer bleibt weiterhin amtskirchliches Tabu mit höchsten EKD-Weihen.

2 Kommentare

  1. Lieber Jochen,
    Lange habe ich nachgedacht und überlegt, was mein Beitrag zu der von dir angestoßenen Debatte sein kann. Als Überschrift gilt hier für mich: „Prüfet alles und das Gute behaltet.“ Die Kirchensteuer ist ja weder exklusiv des Teufels, auch wenn sie so manchen in schwere Gewissensnöte stürzt, noch hängt das Heil der Kirche von ihr ab, sonst gäbe es ja kein Heil extra ecclesia Germania. Die Kirchensteuer ist ein weltlich Ding – und so müssen wir, und da bin ich dir sehr dankbar, darüber reden, ob und wie sie „gut“ ausgestaltet werden kann. Ich kann beides erkennen: so manchen Segen, der mittels Kirchensteuer erwächst (weil Gott es ermöglicht), aber auch so manchen Fluch. So frage ich mich, ob die finanzielle Abhängigkeit der Pfarrerinnen und Pfarrer exklusiv von der Kirchensteuer so manchen in eine Babylonische Gefangenschaft führt, die u.a. in Burnout als gesellschaftlich konformem Exitus endet und auch die Nicht-, indirekten und aggressiven Reaktionen auf deinen Gedankenanstoß erklärt. M.a.W.: zum jetzigen Zeitpunkt bin ich nicht für eine Abschaffung der Kirchensteuer, jedoch für eine ernsthafte und nüchterne Prüfung. Beste Grüße, Peter

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